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Ein Bericht der ADRA “weltwärts”-Freiwilligen Johanna über ihre ersten Eindrücke in Kenia
Jetzt sind es erst drei Wochen, seit Larissa und ich in der Mädchenschule in Kenia, Kajiado, angekommen sind. Die Zeit vergeht hier wie im Flug und wir haben das Gefühl, schon viel länger hier zu sein. Jeden Tag erleben wir etwas Neues. Die erste „Überraschung“ kam schon, als wir vom Flughafen abgeholt wurden. Das Verkehrssystem ist hier etwas anders. Der Parkplatz war einfach von Autos zugestellt und wir haben uns wirklich gefragt, wie man da denn jetzt rauskommen soll. Aber die kenianischen Taxifahrer scheinen das gewohnt zu sein und manövrieren ihr Fahrzeug souverän durch irgendwelche Engstellen. Und falls man doch mal nicht weiterkommt, wird einfach so oft gehupt, bis sich etwas bewegt.
Die Mädchen hier sind fantastisch. Natürlich sind wir noch in der Kennenlernphase, aber sie sind schon jetzt sehr offen und stellen uns unglaublich viele Fragen. Momentan sind hier in der Mädchenschule in Kenia die langen Sommerferien, deshalb ist nur die achte Klasse da, die Anfang Dezember ihre große Prüfung schreibt und die Mädchen, die nicht nach Hause können. Die letzte Feier mit allen Mädchen war sehr bewegend. Die achte Klasse hat sich von allen verabschiedet und die meisten haben angefangen zu weinen. Es war schön zu sehen, dass die Mädchen hier in der Mädchenschule in Kenia wirklich wie eine große Familie sind. Die Großen kümmern sich um die Kleinen. Manche Mädchen haben vielleicht ihre richtige Familie nicht mehr, aber dafür haben sie hier einen tollen Ersatz gefunden. Keiner ist alleine.
Ein besonderes Erlebnis war für mich auch die Ferienansprache von Jacinta Leboo, einer Lehrerin und Mitbegründerin des Schulzentrums. In Deutschland wünschen einem die Lehrer schöne und erholsame Ferien und man wird scherzhaft ermahnt, nicht alles zu vergessen. Hier war das ganz anders: Die Mädchen wurden ermahnt, auf sich Acht zu geben, nicht schwanger zurückzukommen und sich sofort zu melden, wenn sie irgendwie in Gefahr sind. Es wurde ausdrücklich betont, dass sie aufpassen müssen, da bald die Hauptzeit für die weibliche Beschneidungen beginnt. Jacinta machte die Mädchen außerdem darauf aufmerksam, dass sie ihr helfen müssten, damit sie sie beschützen könne. Uns wurde dabei noch einmal mehr bewusst, dass die Mädchen hier in viel größerer Gefahr leben, als in Deutschland – und die Ferien bedeuten sogar eine noch größere Gefahr für sie. Ich habe natürlich Ferien immer mit etwas Positivem verbunden. Aber hier sind sie einfach nur ein großes Risiko. Anscheinend gab es auch schon Mädchen, die nach den Ferien einfach nicht wiedergekommen sind. Es ist erschreckend, dass diese Ansprache wirklich notwendig ist. Ich hoffe einfach, dass alle Mädchen gesund und unversehrt wiederkommen. Hier herrscht einfach ein total anderes Leben und dass muss man sich immer wieder bewusst machen.
In Deutschland geht es uns wirklich sehr gut und zwar in vielerlei Hinsicht. Wir haben eine riesige Auswahl in den Supermärkten, selten Stromausfall, fließendes und trinkbares Leitungswasser und vor allem leben wir so viel sicherer. Wir sind den Überfluss gewöhnt und das wird einem hier besonders bewusst. Ein besonderer Moment war auch der Besuch von Evelyn Brenda in der Mädchenschule in Kenia. Sie ist selbst Kenianerin und kommt als Ehrenamtlich von ADRA Deutschland immer wieder nach Kenia, um zu sehen, wie es „ihren Mädchen“ geht. Bei ihrem Besuch gab Larissa und mir Luftballons, damit wir sie verteilen können. Die Kinder kamen angerannt und haben sich um einen gedrängelt. Alle Kinder wollten unbedingt einen Luftballon haben. In Deutschland haben Luftballons gar nicht so einen hohen Wert, zumindest nicht so hoch, dass dreißig Kinder ihre Hände hinstrecken und einen schier erdrücken.
Hier in Kenia ist Spontanität viel wichtiger, als in Deutschland. An einem Freitagabend sind Larissa und ich zu einer Gemeindeveranstaltung gegangen. Kaum hatten wir uns hingesetzt, wurden wir kurz nach vorne gewunken. Dort wurde uns dann mitgeteilt, dass wir als Nächstes dran seien mit vorsingen. Das war eine Überraschung für uns und so mussten wir unsere Hemmungen überwinden und uns schnell ein Lied überlegen. Das mussten wir natürlich ohne Begleitung vortragen und ich weiß nicht, wie viele Töne wir nun wirklich getroffen haben.
Allein in der kurzen Zeit, in der ich erst hier bin, habe ich schon sehr viel gelernt und auch viel über die Verhältnisse zu Hause nachgedacht. Ich lerne langsam die Mädchen kennen und realisiere, – auch nur langsam – was sie zum Teil schon durchgemacht haben und wie unglaublich stark sie sind. Ich freue mich schon sehr auf das Jahr in Kenia und auf alle Erlebnisse und Erfahrungen, die ich hier noch machen werde.
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