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Ein Bericht von Marie, die ihr Freiwilliges Soziales Jahr in Peru absolviert.
Inkas und Kartoffeln kamen mir in den Sinn, als ich zum ersten Mal von Peru hörte, dem Land das nun seit schon neun Monaten meine Heimat darstellt. Wie habe ich darauf hingefiebert, hierher zu kommen, einzutauchen in eine neue Kultur, mich mit meinen Fähigkeiten im Projekt einzubringen und das Abenteuer des Erlernens einer neuen Sprache auf mich zu nehmen. Wie unvorstellbar anders und unglaublich perfekt doch alles ist, hätte ich mir so nicht im Traum vorstellen können.
Peru besteht aus so viel mehr als nur Kartoffeln und Inkas. Natürlich ist man hier stolz, peruanischer als der Papa zu sein, doch setzt sich diese farbenprächtige Kultur aus mehr als einer kulinarischen Zutat zusammen. Man liebt hier seine Feste und den Fußball, es wird ununterbrochen gehupt und wer bremst, verliert, man macht keinen Sport aber in der Freizeit besteigt man Vulkane, man isst zu allem Soßen und am liebsten mit Aji oder Rocoto, sodass man fast Feuer spuckt. Was am Anfang unverständlich, aufregend und neu war, ist jetzt fester Bestandteil meines Lebens geworden. Nun fahre ich ständig mit dem Taxi und esse mir vorher unbekannte Früchte in den intensivsten Farben. Ich liebe Arequipa und bin unglaublich stolz auf meine wunderschöne neue Heimatstadt. Denn wenn ich durch die Straßen laufe, am Morgen mit Blick auf den Hausvulkan frühstücke oder am Abend die beleuchtete Kathedrale beim Überqueren der Plaza de Armas bewundere, fühle ich mich doch schon fast wie eine Arequipena. Aber nicht nur all die kulturellen Erfahrungen bestimmen mein Leben hier. Ein riesiger unersetzbarer Teil stellt meine Arbeit in Nuestro Hogar, zu deutsch „unserem Zuhause“ dar.
Neben 70 Kindern habe auch ich hier in der Cuna, wie die Institution von AYUDAME e.V, der Partnerorganisation von ADRA, genannt wird, ein Zuhause gefunden. Während es für manche Kinder der einzige Ort in Ihrem Leben ist, an dem sich um sie gekümmert wird und wo sie gesund und ausreichend zu essen bekommen, stellt sie für mich einen Ort des Gebens, Zurückbekommens und Lernens dar.
Ich arbeite hier morgens im Nido, die Gruppe mit den jüngsten Kindern. Neben der Professora und Luciana, einer weiteren Hilfe, kümmern wir uns darum, den 2-3-jährigen die allgemeinen Basics beizubringen. Hände waschen, mit dem Löffel essen oder Spielsachen aufräumen muss alles erst gelernt sein! Nachdem die Kinder morgens ihr aus Brot und Milch bestehendes Frühstück gegessen und eine Weile gespielt haben, beginnt der Tag mit einem Gebet und der Anwesenheitskontrolle. Danach schließt sich ein Sportprogramm an, bei dem wir spielerisch Koordination und Körpergefühl fördern. Diesen Teil leiten abwechselnd die Professora oder ich. Wenn dann um kurz vor elf die Hora de fruta vorbei ist und die Kinder ihre mitgebrachten Früchte gegessen haben, geht es für sie aufs Töpfchen und für mich zum Abspülen. Denn neben Nase- und Popo-putzen bin ich auch für Teller, Tische, Stühle und denBoden putzen verantwortlich. Auch wenn sich das nach viel anhört, bleibt immer noch Zeit, um mit meinen kleinen Schützlingen im Park zu toben. Ich liebe es, sie zum Lachen und ihre Knopfaugen zum Strahlen zu bringen! Obwohl sie oft anstrengend sind, geben sie einem so viel zurück und füllen mein Herz immer wieder mit tiefer Freude. Nachmittags helfe ich meinen Escolares bei ihren Hausaufgaben, lese mit ihnen Bücher, tobe mit ihnen im Park und höre mir ihre Probleme und Sorgen an. Es ist unglaublich erfüllend, neben der spielerischen Arbeit im Nido auch eine geistig anspruchsvollere Aufgabe erfüllen zu können und man ist stolz, wenn man noch das ein oder andere aus Mathe von der Schule beherrscht.
Ein Jahr erscheint einem wie eine Ewigkeit und gemessen an dem, was ich erlernen und erleben durfte, war es eine so unglaublich bereichernde und gesegnete Zeit. Eine Zeit, die jedoch leider mit einem Wimpernschlag vorbei war. Fragt man mich, was ich vermissen werde, gibt es so vieles bei dem mir beim Gedanken daran schon das Herz schwer wird. Doch oftmals sind es die kleinen Sachen, die einem am meisten fehlen werden, wie das Müllauto, das die Melodie von Arielle spielt, die Putzfrauen, die mit ihren Schrubbern den Boden trocken wedeln, die traditionell bekleideten Frauen, die einem schon von weit her „Fotofotofoto“ entgegenschreien und auch der Umstand, dass ich mein Klopapier in einen Mülleimer werfen muss, statt in das WC. Man bemüht sich, jeden Tag bewusst zu erleben und zu genießen. Am Schluss hofft man, dass die Zeit gut und vernünftig genutzt wurde und man wenigstens ein klitzekleines Bisschen dazu beigetragen hat, den Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen.
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