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Mit Machete statt Kugelschreiber



Geschrieben am Dienstag, 24. Januar 2017 von ADRAlive-Team

Ein Bericht des Freiwilligen Caleb über sein Freiwilliges Soziales Jahr in einem Kinderheim in Bolivien.

Nach der 16-stündigen Anreise und einer 40-minütigen Fahrt durch die turbulente, ungewöhnlich heiße Millionenstadt Santa Cruz, kamen wir endlich im Hauptsitz unseres Partnerprojektes „Ame Bolivia“ an, wo wir mit einem Willkommensfrühstück empfangen wurden. Mit dem ersten Biss in ein kleines, hartes Stückchen Brot wurde mir klar, auf was ich mich eigentlich eingelassen hatte. Ganze 52 Wochen in einer komplett unbekannten Umgebung, mit unbekannten Menschen, einer fremden Kultur und weggerissen von allem, was mir bekannt war. Nach der ersten Woche in Santa Cruz durften wir dann unser eigenes Projekt „El Sauce“ kennenlernen.

Die erste Überraschung

El Sauce ist ein Kinderheim in Samaipata und ist ein zu Hause für Kinder aus teils schwierigen Verhältnissen. Die Mission des Projekts ist, uns von den Erträgen unserer Biofelder selbst finanzieren zu können. In der Erwartung, in direktem Kontakt mit den Kindern zu arbeiten, waren wir schon mit zahlreichen Puzzles, Buntstiften und weiteren Unterhaltungsgegenständen ausgestattet. Zu unserer Überraschung teilte man uns gleich am ersten Tag mit, dass wir in das Landwirtschaftsteam eingeteilt wurden. Nach 12 Jahren, in denen wir Tag für Tag nur in der Schule saßen, war es anfangs ungewöhnlich von Bleistift und Kugelschreiber auf Hacke und Machete umzusteigen. Aber es dauerte nicht lange, bis wir selbst die Kunst des Pflügens, des Pflanzens unserer neun verschiedenen Arten von Salat und des Wässerns gelernt hatten. So verbrachten wir unsere ersten Monate. Da wir während unserer Arbeit nicht oft zum Spanisch sprechen kamen, nutzten wir unsere Freizeit, um mit den Kindern Fußball oder Volleyball zu spielen und trauten uns somit langsam an die neue Sprache heran.

Wir gehören dazu

Mit der Zeit hatten wir auch die Gelegenheit, das nahegelegene Dorf Samaipata zu erkunden und es dauerte nicht lange, bis wir das Dorf in unser Herz schlossen. Gefühlt besteht Samaipata größtenteils aus Hippies, welche auf Reise sind oder sich hier einfach niedergelassen haben, um Schmuckverkäufer, Straßenmusikant, Clown oder Koch zu werden. Die herrlichen Gerüche auf der Marktstraße, die bunten Farben der Schmuckstände, die gute Musik an der Plaza machen es einem unmöglich, Samaipata langweilig zu finden. Spätestens als wir immer öfter Bekannte auf den Straßen trafen, Empanadas schon für den halben Preis bekamen und uns in unserem Stammcafé serviert wurde, ohne dass wir bestellt hatten, wussten wir: Wir gehören dazu!

Was wirklich zählt

Mittlerweile sind tatsächlich sechs Monate vergangen und ich muss feststellen, dieser Ort war schon von Anfang an mein zu Hause und es gab keinen Moment, an dem ich mich „fremd“ fühlte. Es mag sein, dass hier Orangen anders gegessen werden, oder dass Hühnchen Fleisch als vegetarisch durchgeht, aber im Grunde genommen sind wir alle Menschen und das ist das Einzige was zählt!

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„Ich habe das Gefühl wirklich am richtigen Ort zu sein…“



Geschrieben am Dienstag, 23. Februar 2016 von ADRAlive-Team

Ein Bericht der ADRA “weltwärts”-Freiwilligen Hannah, die sechs Mädchen im Kinderheim „El Sauce“ in Bolivien betreut.

Es ist morgens halb sechs, die Sonne ist noch nicht aufgegangen und die wunderschöne Berglandschaft, die uns umgibt, liegt noch im Nebel. Wahrscheinlich ist es trotzdem jetzt schon wärmer als zurzeit tagsüber in Deutschland. Das einzige was ich jedoch bewusst wahrnehme, ist das verschlafene Grunzen meiner Mitfreiwilligen, das mir zu verstehen gibt, dass ich die Kinder aufwecken soll. Ein neuer Tag beginnt. Ein Tag der wie immer mit müden Kindern anfängt, die ich jetzt irgendwie motivieren muss schnellstmöglich aufzustehen, damit die nächsten Programmpunkte reibungslos ablaufen: gemeinsame Andacht, Morgensport, Frühstück. Danach Schulsachen packen, Bett machen, den verlorenen Schuh suchen, die schon fertigen Mädchen frisieren, Abschiedsküsschen und ab in die Schule. Jetzt herrscht erst einmal Ruhe… und ich habe Zeit mich und mein Haus vorzustellen.

Ein neues Heim für vernachlässigte Kinder

Ich heiße Hannah, bin 18 Jahre alt und nach meinem Abi mit zwei weiteren Freiwilligen nach Bolivien geflogen, um in einem Heim für ehemalige Straßenjungen in Santa Cruz zu arbeiten. Hier angekommen existierte von dem Heim nur das Haus, das erst einmal renoviert werden musste. Und so wechselten wir nach drei Monaten nach Samaipata, in das Kinderheim „El Sauce“. Hier sind wir für sechs Mädchen im Alter von sechs bis sechzehn Jahren verantwortlich. Wenn ich beschreiben soll, was meine Aufgaben sind, dann sage ich meistens, dass die Person sich einfach vorstellen soll, was ihre Mutter tut. Unser Job ist es mit den Kindern zu leben. Wir erfüllen ihre Grundbedürfnisse, doch da ist so viel mehr… Alle diese Kinder wurden von der Regierung aus ihren Familien genommen, sei es weil teilweise die ganze Familie alkoholabhängig war oder weil die Kinder missbraucht wurden. Jedes Kind hat seine eigene Geschichte und so braucht auch jedes ein unterschiedliches Maß an Aufmerksamkeit. Was sie jedoch alle brauchen ist Liebe. Wir versuchen ihnen diese durch zuhören, helfen, aber auch durch Regeln und Grenzen zu zeigen, insgesamt also ein schönes Heim zu bieten.

Kreativität, Spiel & Spaß

Das mit dem schönen Heim gelingt oft gut, wir sind kreativ, basteln Karten, haben diverse Traditionen erfunden, wie einen Tag in der Woche eine „room competition“ zu machen, bei der jeder sein Zimmer aufräumen und schön machen muss und dann gemeinsam Punkte vergeben werden. Sonntags spazieren wir ins vierzig Minuten entfernte Dorf und essen eine Empanada (typisch bolivianische Teigtaschen mit Käse die so unglaublich fettig und lecker sind), laufen über den Markt oder setzen uns auf die „Plaza“.

Ein weiteres Highlight war die Prinzessinnen Party einen Monat zuvor: alle Mädchen des Heims waren eingeladen sich in Schale zu werfen und in das „Schloss auf dem Berg“ zu kommen. Neben einem tollen Essen gab es ein Spieleprogramm, bei dem immer zwei Gruppen in Eigenschaften einer Prinzessin gegeneinander antreten musste. Ein Beispiel: Um euren Prinzen von euch zu überzeugen, müsst ihr selbstbewusst und wie eine Dame euren Weg gehen. Nehmt ein Buch, legt es euch auf den Kopf und versucht so schnell und grazil wie möglich den folgenden Parcour zu durchqueren. Aber Vorsicht! Auf dem Boden liegen Rosen, die ihr einsammeln und mitnehmen müsst!

Immer wieder neue Herausforderungen

Alles in allem ist es ein weiter und nicht immer ganz klar definierter Aufgabenbereich. So waren wir beispielsweise an einem Sabbat in der Gemeinde und es stand die Sabbatschule an. Leider war der Leiter nicht da und so musste spontan jemand die Gruppe übernehmen. Und wer würde sich da besser anbieten, als eine deutsche Freiwillige, die grade erst Spanisch gelernt hat? So stellen sich mir immer wieder Herausforderungen. Sei es vegan zu kochen, ein Mädchen zu trösten, das ihre Eltern vermisst oder drei Tage lang ohne fließendes Wasser zu leben.
Die größte Herausforderung für mich persönlich ist jedoch der Gedanke, dass diese Kinder wirklich niemanden haben, der die Liebe ihrer Eltern ersetzen kann und wir sie lediglich einen Teil ihres Lebens begleiten und ihnen einen guten Weg zu leben zeigen können.
Doch in diesen Situationen durfte ich erfahren, dass Gott tatsächlich da ist und hilft. Wenn ein Kind seinen Kopf in meinen Schoß legt und mir sagt, das es nicht will, dass ich gehe oder ein anderes zum ersten mal alleine betet und dabei nicht „Dios“ (Gott), sondern „Josh“ (den Freiwilligen aus dem Jungshaus) zur Andacht einlädt, dann wird mein Herz ganz weit und ich habe das Gefühl wirklich am richtigen Ort zu sein und einen Unterschied zu machen.

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