Ein Bericht von Heidi, die ihren weltwärts-Dienst mit ADRAlive! in Bolivien verbringt.
Ankunft
Da stand ich mit meiner Mitfreiwilligen Marie plötzlich am Flughafen in Santa Cruz de la Sierra und wartete auf meinem Gepäck, in der Hoffnung dass beim Umsteigen alles gut lief und es nicht irgendwo stehen geblieben war. Als ich es auf dem Band kommen sah war ich sehr erleichtert, packte es auf meine Schultern und lief zu den uns bevorstehenden Kontrollen. Diese durchquerten wir erfolgreich so dass wir anschließend durch die letzte Tür gingen die uns von unserem zukünftigen Chef und Projektleiter von AMe Bolivia, Gheorghe, trennte. Als er uns sah begrüßte er uns ganz herzlich und er unterhielt sich mit mir gleich auf Rumänisch, da wir beide ursprünglich aus Rumänien sind. Mit dem Minibus des Projektes ging es dann direkt zum Heim in Santa Cruz. AMe Bolivia hat zwei Heime, das in der Stadt beherbergt Menschen mit mentaler Beeinträchtigung. Das andere befindet sich mitten in den Bergen, ca. 90 Km von Santa Cruz entfernt, im kleinen Dorf Lajas. Dort werden Menschen mit körperlicher Behinderung versorgt, obwohl einige von ihnen auch geistlich beeinträchtigt sind. Dieses Projekt ist das einzige seiner Art in Bolivien, es gibt zwar Heime für ältere Menschen aber keine für geistig Beeinträchtigte.
Die nächsten vier Tage verbrachten wir noch in der Stadt und waren mit der Visumsbeantragung beschäftigt. Am Freitag ging es dann endlich zum Heim in Lajas, unser eigentlicher Einsatzort und wo ich mich gerade befinde. Mit einem mit Nahrungsmitteln vollen Minibus fuhr Gheorghe ca. zwei Stunden auf der teils betonierter teils sandiger Straße nach Lajas. Als wir dort ankamen war es schon sehr dunkel so, dass wir leider die Berge nicht sehen konnten, aber dafür einen kräftig strahlenden Sternenhimmel. Am Nächsten Tag durften wir dann auch die wunderschöne Landschaft bewundern und ich verliebte mich gleich in diesem Ort. Lajas befindet sich in einem Tal, umgeben von Bergen und ist grün soweit das Auge reicht. Es ist toll am Wochenende oder früh morgens den Berg hochzulaufen und das Heim von oben zu sehen, die Aussicht die sich einem bietet ist unbeschreiblich. Eine weitere Sache die ich an Bolivien liebe ist das leckere Essen. Es fängt in der Küche des Heims, Heimleiterin Roxy ist eine super Köchin und zaubert die besten Nachttische, und reicht bis zum kleinsten street food Stand im Nachbardorf Samaipata. Und das Obst und Gemüse ist unvergleichlich mit dem von Zuhause. Riesige Papayas, Maracuja und Avocados und zuckersüße Wassermelonen. Bolivien hat für jeden Geschmack etwas zu bieten.
Eingewöhnung
Die ersten Wochen durften wir uns erstmal mit der Arbeit vertraut machen und die Patientinen kennenlernen, wir würden für die Frauen zuständig sein. Wir schauten bei einer anderen Freiwillige zu wie sie diese wusch und ihnen die Windeln wechselte und erfuhren viel über die Hintergrundgeschichte jeder einzelnen. Leider sind alle ziemlich traurig, sie wurden entweder von der Straße oder aus dem Krankenhaus geholt weil sie von der Familie verlassen wurden oder keinen haben der sich um sie kümmert. Die meisten von ihnen haben Missbrauchserfahrungen gemacht und brauchen deswegen ganz viel Aufmerksamkeit und Zuneigung. Leider suchen sie diese bei den männlichen Patienten, die dieses Bedürfnis ausnutzen. Aus diesem Grund werden Männer und Frauen streng getrennt, es gibt ein Bereich für Männer und einer für Frauen, dort schlafen und essen sie und halten sich auf. Und hier springen wir ein, wir versuchen für die Bedürfnisse jeder Frau aufzukommen und wollen die Gemeinschaft und den Zusammenhalt zwischen ihnen stärken. Dafür veranstalten wir täglich eine Aktivität wo sie zusammen etwas machen können und die auch dafür sorgt, dass sie nicht immer im Bett liegen oder sich langweilen. Außerdem reinigen wir das Frauenhaus und helfen in der Küche aus.
Alltag
Mittlerweile haben wir einen geregelten Tagesablauf. Wir sind zuständig für einen der beiden Zimmer für Frauen. „Unsere Mädels“ haben weniger eine körperliche als mehr eine geistige Beeinträchtigung, aber wir können uns trotzdem noch gut mit ihnen unterhalten. Ihre Besonderheiten fallen mehr in ihrem Verhalten auf. Mit den Mädels sieht unser Tagesablauf folgendermaßen aus:
Jeden Morgen stehen wir um sieben Uhr auf damit wir um halb acht bei den Mädels sein können, sie wecken und das Zimmer saubermachen können. Danach lese ich mit ihnen eine Andacht oder wir spieln eine Runde Karten bis wir ihnen das Frühstück bringen können. Danach geht es direkt zum Duschen. Dabei brauchen sie eigentlich keine große Hilfe, wir reichen ihnen Zahnbürste und Schwamm und schrubben ihnen den Rücken. Anschließend wird das Bad geputzt. Dann geht es in die Küche wo wir von dem für die Patienten gemachten Frühstück essen oder uns selber etwas vorbereiten. Nach einem reichlichen Frühstück kümmern wir uns um die Wäsche die zum Trocken aufgehängt werden muss. Wir haben zum Glück drei Waschmaschinen, für Männer, Frauen und Freiwillige. Mittags teilen wir dann wieder das Essen aus und Nachmittags wird die trockene Wäsche aufgesammelt und eine Aktivität durchgeführt.
Diese kann entweder ein Spaziergang zum nahegelegenen Fluss sein, in dem wir in sehr heißen Tagen mit den Mädels sogar baden, oder wir basteln, malen, lackieren die Nägel, schauen einen Film oder backen Kekse, letzteres ist die Lieblingsaktivität aller Frauen. Um 19 Uhr gibt’s dann Abendessen, danach putzen sie die Zähne und gehen ins Bett. Für uns heißt es dann Tische und Flur saubermachen und schließlich Feierabend!
Noch 9 Monate
Meine Zeit hier ist noch nicht zu Ende und ich bin froh darüber, denn obwohl es nicht immer einfach ist und ich jeden Tag so ziemlich das selbe mache merke ich, dass meine Arbeit hier wichtig ist und ich den Frauen den Tag etwas schöner machen kann. Es freut mich immer wenn ich es schaffe sie zum Lachen zu bringen oder sie mir eine Umarmung schenken. Am Anfang habe ich mir Sorgen gemacht ob ich gut mit ihnen klar kommen und sie mich mögen würden aber mit der Zeit haben wir uns gegenseitig besser kennengelernt und werden so langsam zu einer kleinen Familie. Ich lerne was jeder einzelnen gefällt und was nicht und merke wie unterschiedlich sie sind, weswegen sie manchmal miteinander streiten.
Meine Arbeit beansprucht mich mehr psychisch als körperlich, deswegen bin ich froh über die anderen Freiwillige hier. Sie haben immer ein offenes Ohr und geben Ratschläge und wenn etwas nicht funktioniert dann überlegen sie ob man etwas verändern könnte. Teamarbeit und Zusammenhalt sind sehr wichtige Komponente für die Arbeit hier und dafür braucht man Toleranz und Akzeptanz. Denn jeder hat einen anderen Charakter und eine Art wie er die Sachen macht und das muss man auf jeden Fall annehmen können, sonst kann man nicht zusammen arbeiten. Ich darf an mir selber arbeiten und kann sagen, dass ich mir diese Eigenschaften immer mehr aneigne.
Ich lerne immer dazu und entwickle mich weiter und dadurch, dass ich nicht wegen jeder Kleinigkeit zu Papa oder Mama rennen kann werde ich erwachsener und selbstständiger. Es ist eine gute Vorbereitung auf mein Leben nach diesem Freiwilligendienst.
Ich bin sehr dankbar für diese Möglichkeit die ich bekommen habe ein Jahr lang in einem anderen Kontinent meinem Mitmenschen zu dienen und selber doch so viel zu gewinnen. Ich bin sehr gespannt und freue mich auf die Erlebnisse und Erfahrungen die mir die nächsten neun Monate bringen werden.
Liebe Grüße aus dem wunderschönen Lajas!
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