Ein Bericht von Florian, der ein Jahr lang in Bolivien Menschen mit körperlichen und mentalen Beeinträchtigungen unterstützt.
Ich befinde mich in den wunderschönen Bergen von Bolivien, um genau zu sein in Lajas, einem kleinen Dörfchen (zirka zwei Autostunden von Santa Cruz de la Sierra entfernt), in dem mein Projekt AMe (Accion Medica Bolivia) zuhause ist. Wir beherbergen momentan 40 Personen mit unterschiedlichen körperlichen und mentalen Beeinträchtigungen, die versorgt werden müssen, da sie vom Staat in Bolivien nicht aufgefangen werden und sich niemand mehr um sie kümmert. Innerhalb unseres Projekts versuchen wir, ihnen ein besseres Leben zu bieten, damit sie nicht auf der Straße leben müssen oder sie im Krankenhaus nicht zu einer großen Last werden.
Zu unserer Arbeit gehört, die Menschen zu waschen und einzukleiden, ihre Wunden zu versorgen, sowie ihre Betreuung im Allgemeinen und auch Unterstützung bei der Physiotherapie. Auch die Reinigung der Bäder und Zimmer sowie die Essenszubereitung gehören zu unseren Aufgaben.
Meine Hauptbeschäftigung ist das Waschen der Bewohner und deren Wundversorgung und auch die Physiotherapie. Es macht mir sehr viel Spaß die Therapie mit ihnen durchzuführen, da man bei einigen die Fortschritte schon sehen kann. Das macht sie glücklicher und sie sehen selbst, dass es vorangeht, wenn man an sich glaubt. In der Therapie sind 25 Bewohner mit unterschiedlichsten Diagnosen, die wieder fit gemacht werden sollen.
Es ist schön zu sehen, wie glücklich die Bewohner sind und wie sie auch aufblühen, wenn man mit ihnen Zeit verbringt, indem man sich nur mit ihnen unterhält oder etwas mit ihnen macht. Toll ist auch, was sie einem zurückgeben, die Dankbarkeit und Zufriedenheit mit der sie einem gegenübertreten ist schön. Es gibt einem das Gefühl, dass jeder etwas Gutes tun kann, ohne dass es eine schwere Arbeit ist. Jede Geste kann bei einem anderen Menschen Wunder bewirken, zum Beispiel, dass man wieder an sich selbst glauben kann, wenn man dachte, das Leben sei schon vorbei und man wäre nichts mehr wert. Hier kann man den Leuten bereits eine Freude machen, indem man sich ein wenig mit ihnen unterhält und sich mit ihnen beschäftigt. Das anschließende Lächeln des Bewohners zeigt, dass man am richtigen Ort ist und den Leuten wieder neue Hoffnung geben kann.
Unser Team ist zwar recht klein, aber wir kommen gut miteinander aus und haben viel Spaß, was die Effektivität der Arbeit natürlich auch positiv beeinflusst und es angenehm macht, mit den Freiwilligen zusammenzuarbeiten, um neue Hoffnungen und mehr Zuversicht an die Bewohner weitergeben zu können.
Diese Zeit und die ganzen Erfahrungen, die ich bisher schon in meinem Projekt gemacht habe und hoffentlich noch weitermachen werde, sind super und ich werde sie nie vergessen. Die Bewohner und die Freiwilligen, die anfangs Fremde waren, sind nun zu Freunden und Familie für mich geworden und es ist schön zu wissen, dass es Menschen gibt, die auch weiterhin an einen denken werden. Dieses Projekt bietet die Möglichkeit, sich weiterzuentwickeln und in seiner Persönlichkeit zu reifen und einen ganz anderen Blick auf seine Mitmenschen zu bekommen. Da man rund um die Uhr mit den Bewohnern zusammenlebt, lernt man sie vor allem so zu schätzen und lieben, wie sie sind – mit ihren Eigenheiten. Es macht mich froh und ich bin Gheorghe (Gründer des Projektes) sehr dankbar dafür, was er tut, indem er diesen Menschen eine Chance bietet, ein besseres Leben zu führen und ihnen das Lebensnotwendige gibt. Ich hoffe, dass noch einige Freiwillige zu ihm kommen werden, um ihn zu unterstützen, damit noch viele Menschen in den Genuss kommen, von seiner Arbeit profitieren zu können.
Liebe Grüße aus dem wunderschönen Lajas,
Florian
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Ein Bericht von der Freiwilligen Natasha, die sechs Monate in Bolivien verbringt.
Da stand ich also, ganz plötzlich in Bolivien, von dem einen auf den anderen Tag. Ohne Geld, ohne Empfang, ohne Schlaf und mit nur spärlichen Spanisch-Kenntnissen, und es wollte irgendwie keiner kommen und mich abholen! Als sich am Ende dann herausstellte, dass meine zukünftige Chefin und ich einfach nur eine Stunde lang aneinander vorbeigelaufen waren und sie mir plötzlich fröhlich winkend entgegenlief, während im Hintergrund noch der Ausruf nach einer gesuchten „Natasha van der Plas“ ertönte, da war ich schon eine Spur erleichtert.
Ich staunte nicht schlecht, als ich dann den ersten Schritt nach draußen trat: die holprigen Straßen, die schwüle Luft, die Palmen, die Straßenverkäufer, der staubige Boden. Nur eine Sache hatte ich tatsächlich von Zuhause mitgebracht, nämlich das Wetter! Denn es regnete in Strömen und umso mehr wunderte es mich, dass einige der Mitarbeiter des Projektes zusammen mit meinen beiden Riesen-Koffern hinten auf die Ladefläche des Pick-Ups verbannt und somit dem nassen Wetter komplett ausgesetzt wurden. Mich setzte man auf die nicht mit Anschnallgurten versehene Rückbank und ließ mich dort erst einmal verblüfft sitzen.
Endlich angekommen verstaute ich erst einmal mein Gepäck in meinem neuen Zuhause und wollte mich, erschöpft von der langen 24-stündigen Reise, prompt auf die Couch plumpsen lassen, brach mir aber fast das Steißbein dabei und nahm gleichzeitig zur Kenntnis, dass die Möbel hier wohl nicht so komfortabel sind wie bei uns in Deutschland. Ich würde noch Vieles lernen müssen. Nur wusste ich das damals noch nicht…
Nun war ich schon einige Zeit hier und hatte auch schon einiges gelernt. Mein Spanisch war besser geworden, ich hatte meinen Jetlag ausgeschlafen und vor allem hatte ich mich auf der Arbeit gut eingearbeitet.
Unser Projekt nennt sich „Fundacion Sion“ und ist eine Übermittagsbetreuung, die vormittags stattfindet. Eltern, die gezwungenermaßen ganztägig arbeiten müssen und somit nicht viel Zeit für ihre Kinder finden, können sie von uns betreuen lassen. Hier ein kleiner Tagesablauf:
Morgens um 7 Uhr beginnt für uns der Tag. Wir bereiten ein ausgewogenes Frühstück für die Kinder vor, die dann nach und nach bei uns eintrudeln. Um die Unpünktlichkeit ein wenig zu drosseln, haben Myriam und ich ein Punktesystem mit Smileys erstellt, wobei die Kinder für Pünktlichkeit einen lachenden Smiley und für Unpünktlichkeit dementsprechend einen traurigen Smiley bekommen. Bevor gegessen wird, gibt es eine Andacht für die Kinder, die abwechslungsreich mal mit dem Buch, mal mit einem kleinen Filmchen oder einfach mal ganz spontan in einer gestikulierten Erzählung dargebracht wird. Nach dem Frühstück werden erst einmal die Zähnchen geputzt, danach die Hausaufgaben erledigt. Dies gestaltet sich als gar nicht so einfach. Wer sich den Suchverlauf unserer Übersetzer-App anschaute, konnte durch die gefilterten Suchbegriffe „Hör zu!“, „Setz dich hin!“ und „Mach weiter!“ den Ablauf der Hausaufgabenbetreuung erahnen. Wenn ich ein Wort nennen müsste, was diese Betreuung am besten beschreiben würde, dann wäre „Verzweiflung“ das passendste Wort, denn zugegebenermaßen ist es nicht gerade einfach, Aufträge zu verteilen, wenn die Kinder einen noch gar nicht so gut verstehen können und dir sowieso auf der Nase herumtanzen.
Aber auch das änderte sich schlagartig, als wir die Kinder immer besser kennen lernten und uns von ihnen ein wenig mit der Sprache helfen lassen konnten. Hier erfährt man besonders, dass Kinder von Natur aus immer am ehrlichsten sind und somit natürlich auch die besten Lehrer für uns.
Später allerdings schlüpften wir in die Rolle des Lehrers, und zwar im anschließendem Programm. Unserem Programm. Da es zu dieser Zeit nicht sehr viele Mitarbeiter gab, hatten wir relativ viel Spielraum, die Workshops zu gestalten. Zwischen Backen und Kochen, Englisch und Musik, Sport und Gartenarbeit oder dem ultimativen Kurs „Müll“ von Myriam, hatten die Kinder immer viel zu lernen.
Nach den Workshops sorgten wir dafür, dass alle Kinder frisch geduscht und frisiert in ihren Schuluniformen am Tisch saßen, damit das Essen serviert werden konnte. Am Anfang ist das gar nicht so einfach, wenn man noch nicht so viel Zeitmanagement hat und sein Spanisch eher der Gebärdensprache gleicht. Die Kinder mussten danach als Nachmittagsschulgänger nämlich direkt in die Schule gebracht werden und da viele Kinder beim Essen ganz gerne trödeln, konnte das Ganze auch sehr chaotisch werden. Vor allem, wenn wir danach noch mit ihnen das ganze Heim putzen mussten! Waren die Kinder dann einmal in der Schule, konnten wir ein wenig aufatmen und hatten ein bisschen Zeit für uns.
Allerdings ging das Programm am Wochenende gleich weiter mit den Pfadfindern, mit denen wir viel unternahmen, zum Beispiel uns mit ihnen auf vielen diversen Veranstaltungen aufhielten. War es das Camporee, ein Verkaufsmarkt oder ein Marching-Wettbewerb, unser Club „Cerenid“ war immer vorne dabei. So natürlich auch wir zwei Freiwillige.
Zugegebenermaßen hatte ich anfangs oft mit meiner Ungeduld zu kämpfen. Würde mich eine Person fragen, welche Sache am schwierigsten für mich war, dann würde ich mit der Unpünktlichkeit, die in dieser Kultur herrscht, antworten.
Tatsächlich hatte ich mich relativ schnell an die sanitären Umstände vor Ort hier gewöhnt. Dass es keine richtige Dusche gibt, sondern nur einen Schlauch. Dass die Toilette oft nicht abspülen wollte. Dass das Toilettenpapier in den Mülleimer geworfen werden muss. Dass man hier Gasflaschen zum Kochen benutzen muss. Dass ich hier auf einmal mein Geschirr abspülen musste und meine Sachen nicht einfach gemütlich in einer Spülmaschine deponieren konnte.
Aber das war genau das, was ich hier verstehen lernte: Dass man mit sehr viel weniger leben kann. Schaut man sich andere Häuser hier in Bolivien an, sieht man manchmal Hütten, die nicht einmal mit einer Haustür ausgestattet sind, sondern provisorisch mit Leintüchern als Sichtschutz über den Türrahmen drapiert sind. Waschbecken, die lose ohne jegliche Rohre einfach auf einige hölzerne Gestelle gesetzt werden, sodass das Wasser auf die Erde ablaufen kann. Ganz zu schweigen von der Küche, die sich meist als ein kleines, tragbares Feuergestell zum Kochen und ein kleines Tischchen zum Schneiden entpuppt. Natürlich angeschlossen an einer Gasflasche, die zum Auffüllen immer wieder zur Tankstelle geschleppt werden muss!
Wenn ich all das hier sehe, dann kann ich nur sagen, dass ich unser Häuschen, welches ich vorher als eher einfacher betrachtete, jetzt als luxuriös ansehe. Ganz zu schweigen von dem Haus, in dem ich vorher in Deutschland gelebt habe!
Ich bin wirklich sehr froh, dass ich die Zeit hier erleben durfte, dass ich den Kindern etwas auf den Weg mitgeben konnte, und dass ich meine Erfahrungen und Eindrücke, die ich hier so zahlreich gewonnen habe, wieder mit nach Hause nehmen darf!
0 Kommentare »Ein Bericht von Myriam, die ihr Auslandssemester in Bolivien absolviert.
Mein Studium sieht im fünften Semester ein Auslandssemester vor und ich habe mich der Herausforderung gestellt, dieses gemeinsam mit ADRA in Bolivien zu absolvieren. In diesem Auslandssemester muss ich ein didaktisches Projekt planen und in meinen ersten zwei Monaten hier in Bolivien habe ich gemerkt, dass ich für diese Aufgabe genau am richtigen Ort angekommen bin. Ich war anfangs sehr unsicher, ob sich Studium und Freiwilligendienst unter einen Hut bringen lassen und es ist auch sehr herausfordernd gewesen, aber umso mehr Chancen zum Lernen hatte ich.
In meinen ersten zwei Wochen hier habe ich mir fast jeden Tag gewünscht, wieder nach Hause fliegen zu dürfen. Ich hatte nicht viel zu tun, weil ich sehr viele Sachen nicht machen konnte, da ich noch kein Spanisch sprach. Ich habe nicht verstanden, was die Leute von mir wollten und konnte die Kinder nicht loben oder auffordern, irgendwas zu machen. Ich wusste nicht, wie ich die Fragen stelle, die ich hatte, und konnte mir nicht vorstellen, hier jemals ein Projekt leiten zu können. Aber ich habe gute Freunde gefunden und glücklicherweise hatte ich sehr geduldige Spanischlehrer. In der Anfangszeit hat mir das Internet sehr geholfen, da ich so Kontakt mit meiner Familie haben konnte und mein Heimweh etwas geringer wurde. Meine Überforderung war allerdings komplett, als meine Schwester verkündete, dass sie im Sommer nächstes Jahr heiraten würde und ich ihre Trauzeugin sein sollte.
Nach einigen weiteren Wochen habe ich gemerkt, wie eine Veränderung eintrat. Nachdem ich etwas das Chaos der bolivianischen Planung verstanden hatte, konnte ich den Tagesablauf besser verstehen. Ich habe mich an die Aufgaben und Kinder gewöhnt und verstand nun die Sprache etwas besser. Nach den ersten Monaten hatte ich mich eingelebt und hatte kaum noch Zeit, an Deutschland zu denken, weil ich so viel Spaß an der Unterrichtsvorbereitung und am Unterrichten hatte. Ich möchte mit den Kindern etwas Umweltbewusstsein teilen und ihnen das am Gegenstand Müll vermitteln. Somit habe ich schon eine ziemlich gute Voraussetzung für ein Projekt, da ich eine Grundlage und ein Ziel habe. Auch der Englischunterricht macht mir super viel Spaß, obwohl ich kein Stück darauf vorbereitet war, hier als Lehrerin zu fungieren. Dank Youtube und Pinterest ist das auch mit wenig sprachlichen Möglichkeiten und Materialen gut möglich und ich merke, wie ich immer kreativer werde, den Unterricht zu gestalten.
Am Ende meines halben Jahres hier werde ich sicher sagen können, dass ich viel gelernt habe und es eine gesegnete Zeit in Bolivien war. Gerade weil nicht immer alles glatt lief und super geplant war. Ich darf jeden Tag neue Erfahrungen machen. Die Kraft, Liebe und Geduld, die ich versuche den Kindern zu geben, bekomme ich in einer Umarmung oder einem Lächeln von den Kindern zurück. Ich liebe den Austausch der Kulturen und bin gespannt, was ich hier noch alles erleben darf.
0 Kommentare »Ein Bericht von Diana, die ein Jahr im bolivianischen Kinderdorf „El Sauce“ verbringt.
Ein Jahr bin ich nun mit meiner Mitfreiwilligen Larina Knirr in Bolivien im Kinderdorf „El Sauce“. Das Kinderdorf befindet sich in Samaipata. Dieses Dorf liegt eine dreistündige Autofahrt von Santa Cruz, der größten Stadt Boliviens, entfernt.
El Sauce hat drei Kinderheime: ein Jungenheim, ein Mädchenheim und ein Heim für junge Mütter. Larina und ich wurden im Mädchenheim als Hauseltern eingesetzt.
Unser Alltag sieht so aus, dass wir die Mädchen jeden Morgen zur Schule aufwecken und mit ihnen gemeinsam frühstücken und Andacht halten. Während die Kinder in der Schule sind, bereiten wir das Mittagessen vor. Nach zwei Monaten haben wir uns schon so langsam an die Bolivianische Küche gewöhnt! Mittags essen wir gemeinsam mit den Kindern und kümmern uns im Anschluss darum, dass alle ihre Aufgaben machen, die sie im Hause zu erledigen haben. Am Nachmittag haben die Mädchen meistens freie Zeit, in der sie entweder malen, lesen, spielen oder in der wir gemeinsam Gesellschaftsspiele spielen. Jeden Abend findet eine gemeinsame Andacht nach dem Abendessen statt.
So in etwa sieht mein Arbeitsalltag aus, mit immer mal wieder mehr oder weniger kleinen Abweichungen. Es freut mich vor allem, dass uns die Teenager bei der Hausarbeit fleißig unter die Arme greifen, was unseren Alltag enorm erleichtert. Da mir die Mädchen immer gern beim Spanisch lernen helfen, fällt es mir schon viel leichter, mich zu verständigen.
Ich bin froh hier sein zu dürfen und habe die Mädchen sehr ins Herz geschlossen. Nach nur zwei Monaten habe ich mich in meinem neuen Zuhause und in meiner neuen Rolle als Hausmama schnell und gut eingelebt und bin gespannt was mich die nächsten neun Monate noch erwartet.
0 Kommentare »Ein Bericht von Dominik, der in einem Kinderheim in Bolivien vielfältige Erfahrungen sammelt.
Das etwas ungewöhnliche Jahr in Bolivien ist jetzt schon fast vorüber. Im Kopf wird mir allmählich klar, dass ich mich langsam verabschieden muss von meinen Lieben hier. Wenn ich zurückdenke, macht sich schnell ein großes Lächeln in meinem Gesicht breit.
Mein Partner Caleb und ich hatten die Ehre, bei Samaipata im wunderschönen Herzen Boliviens in einem Kinderdorf zu arbeiten, welches Waisen- und Straßenkindern sowie Teenagermüttern mit ihren Babys ein Zuhause gibt. An meine Ankunft kann ich mich noch gut erinnern, als wäre es gestern gewesen. Mit den Wörtern „graçias“, „sí“ und vor allem „mañana“ (morgen), die mir mein Vater am Flughafen noch mit auf den Weg gab, mit dem Hinweis, dass letzteres ein wichtiges Wort in Südamerika sei. So konnte das Abenteuer Bolivien beginnen. Die ersten Monate haben wir fast ausschließlich in unserem Bio-Garten verbracht. Mit dem Gewinn wird das Kinderheim zu einem Teil finanziell unterstützt. Ohne Erfahrung und mit Geduld der erfahrenen Gartenarbeiter durften wir Schritt für Schritt die Kunst und die Weisheiten erlernen, um prachtvolle Erträge zu produzieren. Ich hätte mir nie erträumt, dass ich Gartenarbeit so schätzen und lieben würde. Ich habe es als sehr erfüllend erfahren dürfen, mein angebautes Gemüse Wochen später wieder essen oder verkaufen zu können.
Mit Regelmäßigkeit sind immer wieder neue motivierte Helfer gekommen, um das Projekt zu unterstützen – leider haben uns auch wieder viele verlassen. Dies hatte zur Folge, dass in den unterschiedlichsten Bereichen irgendwann mal Not am Mann war, wodurch wir die Möglichkeit genutzt haben, auszuhelfen wo es ging, um neue Aufgabenfelder zu erkunden, damit wir noch mehr Erfahrungen sammeln konnten. So haben wir auch zwischendurch immer wieder mal auf die Kinder aufgepasst oder im Büro ausgeholfen, ein paar Fahrdienste erledigt oder auf dem Markt Gemüse und Obst für das Projekt eingekauft oder besser gesagt verhandelt. So wurde langsam offensichtlich, dass überall Hilfe gebraucht wird und überall geholfen werden kann. Ich durfte die Erfahrung machen, dass es nie perfekt sein muss, jedoch der Wille zu helfen zählt und man einiges kann ändern. Es war nicht immer einfach für mich, wie beispielsweise, als ich mit meinem rudimentären Spanisch auf die Kinder aufgepasst habe, welche mich gerne nervlich an meine Grenzen brachten.
Wenn ich im Projekt bin, fühlt es sich an wie ein Zuhause. Schnell war klar, dass die Bedeutung dieses Wortes den Kontinent gewechselt hat. Im Kinderheim ist schön zu sehen, wie jeder jedem hilft, mit dem was er hat und kann, auch wenn das in den meisten Fällen nicht viel ist. Wenn man unterwegs ist, lernt man schnell neue Freunde kennen und es ist schon fast selbstverständlich, dass man dadurch auch ein Dach über den Kopf hat für die nächsten Tage. Gerne nimmt man sich Zeit für Besucher und Freunde und alles andere rückt in den Hintergrund.
Bolivien ist eines der an Bodenschätzen und fruchtbarer Erde reichsten Länder Südamerikas. Es gibt eine große Variation an Früchten, was das Herz gerne mal ein paar „Saltos hüpfen“ lässt. Dazu ist es noch gesegnet mit verschiedensten Klimazonen von kalt bis tropisch und mit unberührter Natur. Es kann schon fast in Frage gestellt werden, warum dieser großartige Fleck auf der Landkarte ein Entwicklungsland ist. Leider fehlt es an guter kostenloser Bildung, wodurch viele nicht wissen, wie sie mit ihren Schätzen umgehen können, was dann gerne gut gebildete Ausländer übernehmen. Es ist notwendig, vor Ort den Menschen zu helfen und sie auszubilden, um einen langfristigen Nutzen zu bewirken. Deshalb bin ich sehr froh und dankbar, dass mir die Möglichkeit gegeben wurde, dieses Land und die Menschen dort ein wenig zu unterstützen.
0 Kommentare »Ein Bericht von Florian, der ein Freiwilliges Jahr in Bolivien mit geistig und körperlich beeinträchtigten Menschen absolvierte.
Aus unserem Heimatland Deutschland ist man ja so manchen Luxus und geregelten Tagesablauf gewöhnt. Was mich in den ersten Tagen, Wochen und Monaten in Bolivien erwartete, war dagegn alles andere als geregelt und normal für mich. Offen für jegliche Herausforderungen, jedoch mit reichlich Erwartungen, kam ich mit meinen drei anderen Mitfreiwilligen am Flughafen unserer Stadt Santa Cruz de La Sierra zeitig am Morgen an. Der erste Tag in Südamerika. Nachdem unsere Mentoren uns pünktlich bei Ankunft unseres Fliegers abgeholt hatten, durften wir in unserem Projektstandort in Santa Cruz unser erstes Frühstück zu uns nehmen, welches nicht sehr reichhaltig und lecker war. So stellte sich mir die Frage, wie es erst im Dorf auf dem Land aussehen würde, wo sich der Hauptstandort unseres Projektes befindet. Ein Teil der Kultur durften wir direkt mit Beginn der Visumbeantragung erfahren. Ämter werden geöffnet und geschlossen, wie es gerade recht ist. Stundenlange Wartezeiten für eine Unterschrift oder ein Blick auf ein Zettelchen. Und für die Deutschen, die ja sowieso mehr Geld haben, gleich mal etwas mehr Geld verlangen.
Mit einem mit Nahrungsmitteln gefüllten Kleinbus starteten wir die zwei Stunden dauernde Fahrt bis in den Ort, wo wir für ein Jahr leben würden. Noch immer offen für alles, was auf uns zukommen sollte, sind wir in der Nacht im Projekt angekommen. Was wir von der Fahrt mitbekommen haben, war reichlich Verkehr, schlechte Straßen und das Hupen von jedem zweiten Auto. Es war dunkel und von der versprochenen schönen Landschaft noch nichts zu sehen. Dafür eine Überraschung als wir ankamen. Der Sternenhimmel über uns erstrahlte so kräftig, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Dies war der Punkt, an dem ich feststellte, ich befinde mich wirklich in einem Dorf, abgeschnitten von der Außenwelt in der Mitte Boliviens. Gerade kommt man aus dem deutschen gewohnten Luxus und wird wie eine Spielfigur in ein anderes Land gesetzt. Ohne die Sprache und die Menschen zu kennen. Unser Dorf stellte sich als einer der schönsten Orte heraus, die ich bisher gesehen hatte. Eine Vielzahl an Tieren und Pflanzen, ein Ort, umgeben von Bergen, mit nahegelegenem Fluss.
Die ersten zehn Monate wuschen wir unsere Wäsche mit der Hand. Die einzige Stromquelle, die wir nutzen konnten, waren drei Solarpanel auf dem Dach. Es war Stromsparen angesagt. Zum Handy laden, was man eigentlich nicht benötigte, da es ja eh keinen Empfang gab, war der Strom ausreichend. Für mich waren die ersten Wochen nach der Ankunft kein großes Problem. Obwohl wir in der ersten Arbeitswoche in Bereiche eingespannt wurden, die für mich erstmal ein hartes Stück Brot waren, wie Patienten duschen und Windeln wechseln.
Wie ich bald feststellte, ist das Projekt erst wenige Monate zuvor an diesen Standort gekommen, somit wurden die ersten zwei Monate nicht nur für die Freiwilligen, sondern auch für die Leiter ein Experiment. Erst nach drei Monaten haben wir aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, zusammen mit unseren Leitern und einem Übersetzer, einen Arbeitsplan ausgearbeitet. Doch selbst dieser Arbeitsplan wurde noch einige Male geändert. Das größte Problem, welches ich wohl hatte, waren die mangelnden Sprachkenntnisse, was ich mir aber selbst zuschreiben konnzr. Ich fühlte mich in kürzester Zeit sehr wohl in meinem Projekt und war voll eingespannt in die schöne, doch ziemlich chaotische Arbeit. Ich würde behaupten, nach etwa acht Monaten haben wir alle zusammen ein gutes und funktionierendes Konzept der Arbeitsverteilung ausgearbeitet, in dem ich sehr viel Kontakt mit den Patienten führen durfte.
Zu Beginn des Jahres befanden sich 21 Patienten und vier Freiwillige im Dorf. Die Anzahl der Patienten ist bis zum zehnten Monat reichlich gestiegen. Später hatten wir 36 Patienten und sieben Freiwillige mit stetig wachsender Anzahl. Jeder Patient bringt seine Geschichte mit. Das Reden mit den Patienten oder Aktivitäten mit den Patienten, wie Spiele spielen, sportliche Übungen mit Beinen und Armen, haben mich in dem ganzen Jahr viel begleitet. Es ist für mich unglaublich, diese Erfahrung zu machen, Menschen zuzuhören, die einfach gern erzählen wollen, da sie vorher niemanden hatten. Wir betreuen Menschen, die im Rollstuhl sitzen aufgrund Amputationen oder Unfällen, Menschen, die kein Augenlicht haben sowie geistig Beeinträchtigte, die auf der Straße lebten, meist auch mit Babys. Unser Projekt ist bis zu diesem Jahr das einzige Projekt seiner Art in Bolivien geblieben. Es gibt zahlreiche Kinderheime hier in Bolivien, jedoch nur ein Projekt, welches Menschen aufnimmt, die schon aus ihrem Kindes- oder Jugendalter heraus sind.
Mit der Hilfe Gottes, den zahlreichen Gebeten und den Freiwilligen von ADRA sowie Freiwilligen, die uns an Wochenenden helfen, haben wir die Möglichkeit jeden Tag drei Mahlzeiten für die Patienten zuzubereiten und ausreichend Kleidung und notwendige Medikamente sowie Hygieneartikel zur Verfügung zu stellen. Wir verfügen über einen großen Obst- sowie Gemüsegarten, in dem uns zu fast jeder Zeit Früchte und Gemüse geschenkt werden. Es macht mich glücklich, mit dem Traktor loszufahren, um Früchte für die kommende Woche zu holen und morgens den Garten zu gießen, um später Tomaten ernten zu können.
Dieses Freiwillige Jahr in Bolivien hat mir eine weitere große Familie geschenkt. Eine Familie aus allen Patienten und Freiwilligen, die man ungern loslässt. Ich bin unendlich froh, die Möglichkeit bekommen zu haben, mein Leben in dieser Weise zu prägen, mit den eigenen Händen helfen zu können und ein Land mit seiner Kultur kennenlernen zu dürften. Trotz einigen Problemchen, wie keinen Kontakt zu seiner Familie zu haben oder Tage ohne Strom zu erleben, konnte ich durch die Menschen und die Natur, täglich neue Kraft schöpfen und mein Freiwilliges Soziales Jahr mit „Adra weltwärts“ genießen.
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