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„Wieder etwas gelernt!“



Geschrieben am Montag, 25. Mai 2015 von ADRAlive-Team

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Ein Bericht des ADRA “weltwärts”-Freiwilligen Johannes über seine bisherigen Erfahrungen auf den Philippinen.

Mein Leben war schon vor meinem Freiwilligendienst auf den Philippinen ein stetes Ausdenken, Ausschau halten, Ausprobieren. Von Wissbegier angetrieben, lebte ich lange Zeit auf recht turbulente Weise vor mich hin. Alles wollte ich wissen oder zumindest mehr, als alle anderen. Ich lernte dies und dann jenes, während ich erstgenanntes wieder vergaß. Ich meinte, für meine Lebenssuppe das perfekte Rezept gefunden zu haben, indem ich nur übermütig mehr und mehr Zutaten hinzugab, anstatt nach einem besonderen Geschmack zu suchen. Erfolg und Zufriedenheit würden folgen, davon war ich überzeugt, wie der Mann, der versuchte, dem Regenbogen nachzulaufen. Genau diese Einblicke aber, die ich aufgrund meines Ehrgeizes haben durfte, wusste ich dabei nie wirklich wertzuschätzen.

Neue Erfahrung führt zum Umdenken

Erst eine ganz neue Erfahrung bewirkte dann mein Umdenken: mein einjähriger Freiwilligendienst am CCT Campus für Straßenkinder in Magdalena auf den Philippinen. In die Rolle des Lehrers, Vorbilds und Freunds dieser Kinder und Jugendlichen gestoßen, war ich plötzlich nicht mehr nur für meinen eigenen Lernfortschritt verantwortlich. Vielmehr war plötzlich von Bedeutung, was ich meinen Schülern beizubringen vermag, den wohl unbelehrbarsten Wesen auf diesem Planeten.
– Unbelehrbar, weil sie bereits alles wissen, was sie wissen müssen, nämlich, um auf der Straße zu überleben. Was kann ich einem Kind noch mitgeben, das halb so groß ist wie ich, aber schon weit mehr durchgestanden hat, als ich in meinen schlimmsten Albträumen?
– Unbelehrbar, weil sie alles wissen, was sie wissen sollen. Was kann ein mit Perspektiven überschütteter Träumer, wie ich, einem Kind, dem selbst die Trägerorganisation kaum einen Schulabschluss zutraut, über seine eigene, offensichtlich begrenzte Zukunft erzählen?
– Unbelehrbar natürlich auch, weil sie im Grunde auch nichts wissen wollen, diese Kinder, die scheinbar noch nie einen Gedanken an Lebenssinn und Lebensziele verschwendet haben.

Und auf einmal kam ich mir so fehl am Platz vor, mein Kopf angefüllt mit nutzlosen Daten und Fakten, Ideen aus einer anderen Welt. Ich konnte für diese Kinder kein Brot der Erkenntnis backen, wie ich mir das vielleicht gewünscht hatte, denn das gute, alte Mehl des Wissens gab es hier einfach nicht im Angebot. Selbst der Weizen des Interesses wollte erst gepflanzt werden, als ein kleiner Samen der Inspiration im fruchtbaren Acker der Liebe und des Vertrauens. Dies ist also meine Aufgabe: Mit Enthusiasmus und gutem Vorbild den Kindern die Lust zum Lernen, zum Schaffen, zum Werden einzuhauchen.

„In der Realität ist es nicht Wissen, sondern Weisheit, die uns Menschen wirklich verändert…“

Das Prinzip dieser Methode ist natürlich die Einfachheit des Lernangebots. Um die Kinder zu erreichen, musste ich von meinen eigenen intellektuellen Ansprüchen Abstand nehmen. Und während ich das Gefühl hatte, Eindruck bei meinen Schülern zu hinterlassen, schien mein eigener Lernfortschritt gleichsam auf der Strecke zu bleiben. Mit der Zeit hatte ich mehr und mehr das Gefühl abzustumpfen, auf der Stelle zu laufen. Ich hungerte nach Wissen, außer Acht lassend, dass Wissen, wie es kommt und geht, für die Seele, für das Leben kaum Bedeutung hat. Im Leben lernt man nicht, wie einst in der Schule, wo Lernfortschritt etwas Messbares ist, auf Fleiß allein beruhend. In der Realität ist es nicht Wissen, sondern Weisheit, die uns Menschen wirklich verändert – die Lehren des Lebens. Wir sind uns meist nicht bewusst, wenn wir diese lernen, noch weniger können wir die Auswirkungen des Gelernten erfassen.
Oft lernen wir am Meisten, wenn wir meinen, überhaupt nichts Neues zu erfahren. Wenn wir planlos sind, fassen wir die größten Visionen. Wenn wir uns fremd fühlen, lernen wir zu schätzen, was wir haben. Immer wenn wir uns in Eintönigkeit wähnen, suchen wir nach den Schätzen unseres Lebens. Und immer wenn wir verzweifelt sind und aufgeben wollten, sind wir bereits dabei, unsere Erwartungen zu übertreffen.

„Ich habe in Magdalena ein Zuhause gefunden.“

Denn es geht im Leben nicht darum, in Ruhe und Sicherheit zu sein. Es geht ja nicht einmal darum, Antworten zu finden. Es geht nur darum, die richtigen Fragen zu stellen und nie aufzuhören, Fragen zu stellen. Antworten schenkt uns Gott immer zum richtigen Zeitpunkt.
Ja, vor allem meine Beziehung zu Gott hat sich während meines Dienstes vertieft. Gott, der jeden Moment meines Lebens gestaltet, um mich zu belohnen oder zu belehren, diesen Gott habe ich in den Herausforderungen meines Dienstes gefunden. Mein Vertrauen zu Ihm wächst mit jeder Schwierigkeit, die ich meistern darf. Seit Gott mein Lehrer ist, kenne ich meinen Weg, zu dem ich, selbst wenn ich dann und wann einmal irre, immer wieder zurück finden kann.
Acht Monate sind mittlerweile vergangen. Ich habe in Magdalena ein Zuhause gefunden und bin dennoch ein völlig Fremder. Mein Alltag ist ein wundervoller Mix aus überraschenden und ermüdenden, nervtötenden und unbeschreiblich schönen Ereignissen. Ich lerne – bewusst und unbewusst. Ich lebe. Immer noch. Endlich. Sinnvoll.

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